Die Lobbyisten der Callcenter-Branche wehren sich. 99 Prozent arbeiten seriös, sagt der Präsident des Call Center Forums Deutschland, Manfred Stockmann. Die Vertreter der beiden anderen Branchenverbände, Deutscher Direktmarketing-Verband und Kundendialog in Deutschland, sind unter dem Druck der Kritik, die seit meinem Bericht in der ersten Ausgabe des ZEITmagazins über sie hereingebrochen ist, etwas kleinlauter. Beide lassen in Fernsehsendungen die Schätzung, die Zahl der unseriösen Callcenter liege bei mindestens 25 Prozent, unwidersprochen. Beide argumentieren, es seien aber ausschließlich die kleineren Anbieter, die sich fragwürdiger Praktiken bedienten. Die Arbeit der großen sei Fehler, wie sie überall passieren, außen vor gelassen nicht zu beanstanden.
Schauen wir mal.
Die ECS-Group ist so ein Großer, nach eigenen Angaben mit Präsenz zum Beispiel in Österreich, Belgien, Frankreich, Luxemburg, der Schweiz und Deutschland. Das Unternehmen dürfte, wenn man den Erklärungen der Verbände folgt, zu den Guten gehören: Die Callagenten von ECS müssen keine Privatleute, die ahnungslos zu Hause ans Telefon gehen, zum Kauf eines überflüssigen Produktes überreden. ECS handelt mit Leuchtstoffröhren, Reinigungsmitteln und Druckpatronen, und zwar von Unternehmen zu Unternehmen. Nach eigenen Angaben hat ECS 43000 Kunden in Europa. Stellenanzeigen der ECS-Group erscheinen in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit. ECS tritt also seriös auf. Die Gruppe ist ihrer Unternehmenspräsentation im Internet zufolge führend in ihrem Segment und hat ihren Sitz im Herzen Europas, wo sie in einem der Top-Prestige- und -Geschäftsgebäude residiert. Und das ist seltsame Koinzidenz der KölnTurm, das moderne Wahrzeichen der Domstadt, wo auch die Firma CallON logiert, an die sich die Leser meiner ersten Geschichte über die Praktiken der Callcenter erinnern dürften.
ECS heißt European Cleaning Support. Das ist das Geschäftsmodell: Jeder ECS-Callagent ruft von seinem Arbeitsplatz im KölnTurm aus pro Tag hundert Unternehmen an so lautet die Vorgabe des Arbeitsvertrages und bietet ihnen Hilfe gegen den großen Dreck an.
Die Unternehmen, von denen keines um einen solchen Anruf gebeten hat, sollen ein hochkonzentriertes Reinigungsmittel erwerben, dessen Hersteller nicht verraten wird. Das Mittel ist gebrauchsfähig, wenn es mit 500 Teilen Wasser verdünnt wird. Seine angeblich besonderen Fähigkeiten, welche die Callagenten loben (müssen), entfaltet der Universalreiniger laut Eigenwerbung im Internet überall, im Sanitärbereich, in der Gastronomie, in Krankenhäusern, in Bädern, auf Fußböden aller Art, in Küchen, auf Glas, Gummi, Linoleum oder Keramikfliesen, bei der Reinigung von Treppen, Baugeräten. Die Callagenten behaupten: Unsere Reiniger sind umweltfreundlich und selbstverständlich biologisch abbaubar. Im Internet gibt die Firma das ihren Kunden sogar schriftlich. Tatsächlich, das ist der Produktinformation zu entnehmen, darf das Reinigungsmittel nicht ins Grundwasser gelangen, da ökologische Schäden entstehen können – es muss als Sondermüll entsorgt werden.
So irreführend die Verkaufspropaganda bei ECS, so hoch der Druck auf die Callagenten. Einer der Agenten hat sich mir anvertraut und von seinem Verkaufsgespräch mit der Besitzerin einer kleinen Pension in Österreich berichtet. Sie habe ihm, als er ihr das Angebot unterbreitete, von ihrer kleinen Tochter erzählt, die schwer krank sei und in Kur müsse. Sie selbst führe die Pension allein, könne nicht mitfahren und habe jetzt auch kein Geld für irgendwelche Sonderausgaben. Mir hat es die Kehle zugeschnürt, erzählte der Callagent, ich versuchte, sie irgendwie zu trösten, hatte auch glücklicherweise etwas von einem neuen Medikament gehört, sagte ihr das dann auch. Plötzlich stand mein Teammanager neben mir und raunte mir zu: Jetzt biet ihr unsere Sachen an, verdammt, sie ist so weit, los! Ich konnte mich aber nicht einfach aus unserem privaten Gespräch lösen, sprach weiter mit der Pensionsbesitzerin über ihre Ängste. Er knurrte von der Seite, mit Blitzen in den Augen, nicht aggressiv, sondern euphorisch, er wusste, bei der ist was zu holen: Los, Mann, mach jetzt den Deal! Ich stieg tatsächlich ein, bot der Frau unser Produkt an, 2 mal 25 Liter, Reinigungsmittel und Fettlöser. Sie willigte wirklich ein und sagte auch noch: Okay, ich machs. Ich bin ja so froh, dass mir mal jemand zugehört hat. Bei meinem Teammanager herrschte gierige Freude, der Deal hat 549,50 Euro gebracht. Das Resümee des Callagenten: Ich hätte kotzen können vor Scham. Der Einkaufspreis, übrigens, für das Reinigungsmittel liegt bei 79 Cent pro Liter Konzentrat, verkauft wird er für 10,99 Euro.
Einsamkeit gehört zu den Zuständen, die ein Callagent sofort ausnutzen kann. Sozial isolierte Menschen sehen die Callagenten als Helfer an und bezahlen teuer für deren Zuwendung. Die Callagenten aber sind nicht nur Täter. Manche von ihnen leiden unter Schuldgefühlen. Vor allem aber arbeiten sie unter dauernder Überwachung. Ihre Gespräche werden häufig aufgezeichnet, und die Agenten müssen sich auf sogenannte Mystery-Calls einstellen: Testanrufe von getarnten Mitarbeitern. Die Branche argumentiert, Leistungskontrolle und Qualitätsförderung seien bei Telefonverkäufern nicht anders zu machen wohl wahr. Darin liegt ja das Problem. Verkaufsgeschäfte, die der Kunde gar nicht nachgefragt hat, bei denen er die Ware nicht sehen oder anfassen kann und nicht einmal eine Abbildung vor sich liegen hat, können nur optimiert werden, wenn die Verkäufer Bedenken auch die eigenen aus dem Weg räumen. Das geht nur mit Kontrolle und Druck, die zum System des unerwünschten Anrufens (Outbound) gehören wie der Schliff zur Armee.
Für die Firmen rechnet sich das Geschäft. Wie sonst wäre zu erklären, dass viele Callcenter ihre Mitarbeiter, die bisher inbound beschäftigt waren, also Kundenanrufe entgegengenommen haben, ins Outbound-Geschäft drängen? Die brancheninterne Callcenter Trendstudie 2007 hat herausgefunden, dass 75 Prozent der befragten Callcenter in diesem Jahr die Kosten weiter senken wollen und dass die Auftraggeber verstärkt auf Outbound setzen. Das Inbound-Volumen bleibt konstant.
Beim ADAC versucht man so aufs Outbound-Geschäft umzuschwenken: Ruft ein ADAC-Mitglied in einem der ADAC-eigenen Callcenter an, um einen Rat einzuholen, werden ihm zum Beispiel Versicherungen und Schutzbriefe angeboten. Ein Mitarbeiter der Münchner ADAC-Zentrale sagt: Jedes Inbound-Gespräch soll in ein Verkaufsgespräch umgewandelt werden. Über die Verkaufsverträge müssten die Callagenten Statistiken führen. Wer auf Dauer zu wenig nachweise, dem werde die Kündigung nahegelegt.
Stoßseufzer eines Mitarbeiters: Der Umsatz pro Mitglied muss gesteigert werden ob das den Interessen der Mitglieder entspricht, ist zweitrangig!
benfalls zu den Großen der Branche gehören die Callcenter von Quelle-Neckermann mit 7000 Beschäftigten. Auch sie werden immer stärker dazu gezwungen, Kundengespräche in Verkaufsgespräche umzuwandeln. Der verantwortliche Marketingmanager nennt das Steigerung der Kundenausschöpfung im Teleshopping und Up- und Cross-Selling. Seit einigen Jahren bieten Quelle-Neckermann-Callagenten ihren Kunden nicht mehr nur hauseigene Produkte an, sondern auch Lottolose, Gewinnspiele und Versicherungen.
Ein leitender Mitarbeiter eines Quelle-Neckermann-Callcenters berichtete mir: Zusatzverkäufe müssen nun im höchsten Maße getätigt werden. Nein, nicht ein Bestseller zum passenden Bücherregal, sondern Fremdprodukte. NKL, SKL, Lotto und diverse andere Gewinnspiele wie auch Versicherungen müssen nun der lieben Omi, die eigentlich nur einen neuen Katalog bestellen möchte, angeboten werden! Halt! Nicht nur angeboten Leistung und Umsatz zählen , sondern verkauft werden!
Der Konkurrenzdruck in der Branche wird gnadenlos an die Beschäftigten weitergegeben. Quelle-Neckermann zum Beispiel hat kürzlich seine Callcenter in Berlin und Magdeburg geschlossen und seinen Beschäftigten wenig später angeboten, sie könnten jetzt jeweils nebenan, beim neuen, unabhängigen Callcenter, für eine Urlaubswoche weniger pro Jahr und mindestens 400 Euro weniger pro Monat anheuern.
Diese spezielle Art des Outsourcings schnelles Wegsterben und noch schnelleres Wiederauferstehen in neuem Gewand ist typisch für die Callcenter-Branche. Die neuen, angeblich eigenständigen Callcenter arbeiten zum Teil mit demselben Mobiliar und mit denselben Führungskräften. Nur die Gehälter der Callagenten bleiben beim Umzug auf der Strecke.
Das geheimnisvolle Callcenter-Sterben hat manchmal auch andere Anlässe. Der Eigentümer von CallON, Eckard Schulz, will zum Beispiel seine Niederlassung in Dortmund schließen. Dort wollten im September 2006 mehrere Mitarbeiter einen Betriebsrat gründen. Die Firmenleitung sah es nicht gern, dass ihre Angestellten dieses gesetzlich verbriefte Recht in Anspruch nehmen wollten. Sie verbreitete unter den Mitarbeitern, die Aktion gehe eigentlich nur auf einen Drahtzieher zurück, und der habe die Firma mit Geldforderungen erpressen wollen.
Eine Klage wegen eines solchen, immerhin hochkriminellen Delikts reichte CallON allerdings nicht ein. Die Firmenleitung steckte den Mitarbeiter lieber in der kalten Jahreszeit in einen unbeheizten eigenen Raum und unterwarf ihn in doppelter Hinsicht einer Zitterpartie: Er musste Telefonlisten von toten Anschlüssen abtelefonieren und wurde danach als unfähig dargestellt. In einem Hörfunkinterview bezeichnete Schulz die Betriebsratsgründer als Parasiten und den Kandidaten für den Betriebsratsvorsitz als gewaltbereiten Rambo. Es gab daraufhin eine Erklärung, unterschrieben vom Großteil der Mitarbeiter, in der diese ihrem Chef Eckard Schulz versicherten, sie wollten nicht mehr mit dem Aufrührer zusammenarbeiten. Die Willigen schenkten ihrem Arbeitgeber außer ihrer Unterschriftenliste zum Zeichen unserer Unternehmenstreue noch zwei Flaschen Wein.
Eckard Schulz hat seine Dortmunder Niederlassung kürzlich trotzdem geschlossen und betreibt sie unter anderem Namen, aber mit demselben Produkt, Vollsystem Lotto, und denselben Führungskräften weiter.
Daraufhin haben zahlreiche der willigen Callagenten erklärt, sie hätten sich unter Zwang von ihrem Betriebsratskandidaten distanziert.
Ein Rechtsanwalt hat sich ihrer angenommen. Auch für den der Erpressung beschuldigten Betriebsratskandidaten hat er eine Klage wegen Verleumdung und Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz eingereicht.
Andere, oft kleinere Firmen sind noch dreister und bezahlen nicht einmal ihre Angestellten, weil sie nach wenigen Monaten wieder schließen und an anderer Stelle wieder eröffnen. Einige dieser Firmen, die wohl selbst in den Augen der Lobbyisten zu den schwarzen Schafen der Branche zählen dürften, verkaufen Lose der Süddeutschen Klassenlotterie. Ihre Masche ist immer dieselbe: Die Callagenten sollen potenzielle Käufer von Losen der SKL damit ködern, sie seien auserwählt, in die 5-Millionen-SKL-Show von Günther Jauch eingeladen zu werden.
Die übelsten Verkaufsgeschäfte am Telefon werden im Namen von Günther Jauch betrieben, auch Große der Branche verkaufen SKL-Lose, wie Quelle-Neckermann-Callcenter-Agenten berichten. Wie funktioniert das eigentlich? Immerhin ist die SKL eine staatliche Lotterie unter staatlicher Aufsicht – sie führt den Länderkassen jährlich Hunderte Millionen Euro zu. Grund genug, dass man eine scharfe Kontrolle und saubere Geschäftsmethoden annehmen dürfte. Doch weit gefehlt. Die SKL hat nach der im Baugewerbe bekannten Methode Subunternehmer mit der eigentlichen Abwicklung des Geschäfts beauftragt. Sie vergibt den Losverkauf an die staatlich beauftragten sogenannten Lotterieeinnahmen, 125 im Bundesgebiet. Diese Lotterieeinnehmer beauftragen dann ihrerseits Callcenter und seien, so SKL, verantwortlich dafür, dass bei diesen Callcentern alles seriös zugeht: von der Auswahl der Telefonlisten bis zum Gespräch und zum Vertragsabschluss. So stiehlt sich die SKL aus der Verantwortung, auch wenn sie gleichzeitig behauptet, sie achte streng auf die Qualität des Telefonmarketings, sogar eine Liste der beauftragten Callcenter liege ihr vor.
uf dieser Liste steht auch die Firma Call-Now aus Hürth. Die Firma hat schriftlich festgelegt, wie die Callagenten ihr Gespräch eröffnen sollen: Guten Tag, Müller ist mein Name von der Agentur Weisheit.
(Mündliche Begründung für diesen Namen gegenüber den konsternierten Callagenten: Seit der Scheiß-Wallraff das Geschäft verdirbt und die Leute immer gleich auflegen, melden wir uns nicht mehr mit Call-Now, sondern mit Agentur Weisheit.) Weiter geht es dann so: Schön, dass ich Sie direkt erreiche, Herr/Frau Wir machen heute die Kandidatenplanung für die 5-Millionen-SKL-Show von RTL mit Günther Jauch. Das ist auch der Grund, weshalb ich Sie anrufe, denn Sie haben heute die Gelegenheit, mit einer Begleitung Ihrer Wahl in die kommende Sommershow von RTL nach München eingeladen zu werden. Tatsächlich werden die Kandidaten für die Show natürlich nicht im Callcenter in Hürth bestimmt – diese Aufgabe übernimmt zweimal im Jahr ein Automat, der in der SKL-Zentrale in München steht. Nach eineinhalb Seiten unhaltbarer Versprechungen landet der Callagent dann bei der alles entscheidenden Frage nach der Kontonummer und darf das Gespräch beenden. Und für den Fall, dass es nicht so glattgeht, gibt Call-Now seinen Beschäftigten noch fünf Seiten Argumentationshilfen für alle Gesprächs- und Lebenslagen mit.
Erwähnt der Angerufene zum Beispiel: Mein Mann/Meine Frau lebt nicht mehr, so soll der Callagent heucheln: Das tut mir leid, davon wussten wir nichts. Wie lange ist das denn her? Ich hoffe, Sie haben Kinder, die Ihnen in dieser Situation zur Seite stehen/standen.
Herr/Frau, ich habe sehr gute Nachrichten für Sie, denn heute haben Sie Glück! Und dann weiter im Text und nicht vergessen: Nach jedem zweiten Argument Kontonummer erfragen! Für diese Arbeit erhält ein Call-Now-Agent mit 40-Stunden-Woche einen garantierten Monatslohn von 825 Euro brutto. Falls es zu einer fristlosen Kündigung kommt, soll er laut Arbeitsvertrag einen Monatslohn als Vertragsstrafe zahlen.
Viele Callcenter arbeiten unter Missachtung des Datenschutzes mit sogenannten Cold Calls, Anrufen ohne vorherige Einverständniserklärung. Die SKL schlägt ihren Kunden vor, sich zu melden, wenn sie mit solchen Cold Calls bedrängt werden. Überzeugend klingt das nicht. Denn die SKL verlangt, um unseriöse Callcenter zu überprüfen, deren Telefonnummern. Das Problem ist nur: Gerade die unseriösen Callcenter lassen ihre Telefonnummern bei den Angerufenen unterdrücken.
Angesichts der heftigen Kritik, die in den letzten Wochen über die Callcenter hereingebrochen ist, hat auch die Politik reagiert.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries denkt über Bußgelder nach, ist aber trotz mehrerer Anfragen derzeit nicht zu einem Gespräch über das Thema Callcenter bereit. Verbraucherminister Horst Seehofer will kostenträchtige Wartezeiten bei Callcentern damit sind die inbound-orientierten gemeint verbieten und ebenso das Unterdrücken der Telefonnummer. Das mögen löbliche Ideen sein, doch am Kern des Problems gehen sie vorbei. Bußgelder sind in Wahrheit ein stumpfes Schwert im Kampf gegen Callcenter, die den Cold Call praktizieren. Für ein Bußgeldverfahren, das zudem langwierig ist, braucht es jemanden, der es einleitet. Das heißt, der geprellte Kunde muss Anzeige erstatten und Mühen auf sich nehmen, womöglich Geld vorstrecken. Das werden die wenigsten tun. Ebenso wenig erfolgversprechend ist der Vorschlag der Lobbyverbände, mit Ombudsleuten oder zentralen Beschwerdestellen des Telefonterrors Herr zu werden. Auch in diesem Fall würde den Opfern die zeitaufwendige Gegenwehr aufgehalst. Nur ein Beispiel, auch wenn es extrem sein mag: Eine Leserin meines letzten Artikels im ZEITmagazin schrieb mir, dass sie jede Woche Bestellungen storniert, die ihrem 84-jährigen Vater telefonisch aufgeschwätzt werden. Reisen, Wein, Medikamente, SKL-Lose, Alarmanlagen, Magnetstromheilmatten sie habe in den letzten vier Jahren Verträge im Wert von 180000 Euro rückgängig gemacht. Einige Tausend Euro habe ihr Vater allerdings bezahlen müssen, weil Einspruchsfristen verstrichen waren.
Warum also kein Verbot, ungebetene Verträge am Telefon abzuschließen?
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zum Beispiel schlägt vor, Verträge in der Folge von Werbeanrufen prinzipiell für unwirksam zu erklären, es sei denn, der Verbraucher bestätigt sie nachträglich schriftlich. Dann wären Hunderttausende Arbeitsplätze in Gefahr, warnt die Branche. Ein Argument, mit dem sich offensichtlich auch zahlreiche Kommunen, in denen sich Callcenter ansiedeln, über die Fragwürdigkeit dieser Arbeitsplätze hinwegtrösten.
Ein Verbot von Vertragsabschlüssen am Telefon vernichtet Arbeitsplätze, in der Tat. Aber betroffen wären davon nicht diejenigen Callcenter und ihre Beschäftigten, die beraten, zur Seite stehen und die Entscheidungsfindung ihrer Kunden vorbereiten. Und das sind doch, wie wir hörten, 99, nun gut: 75 Prozent. Aber auch wenn es weitaus weniger sind, wie ich befürchte (Insider sprechen von höchstens 25 Prozent wirklich sauberen Callcentern im Verkaufsgeschäft): Wir brauchen keinen Telefonterror, wir brauchen keine Arbeitsplätze, von denen aus er betrieben wird und an denen Beschäftigte geknebelt und zu Betrügern ausgebildet werden. Im Gegenteil: Wir brauchen den Schutz davor.
Quelle: https://goo.gl/PMIKRL